Konventionelle IVF
Vorgehen bei der konventionellen IVF
(In-Vitro-Fertilisation / Reagenzglasbefruchtung)
1. Medikamentöse Vorbehandlung
Bei der konventionellen IVF wird durch eine medikamentöse Vorbehandlung erreicht, dass eine relativ hohe Zahl an Eizellen erzeugt wird. Hierzu werden täglich üblicherweise 150 – 225 I.E. FSH (Gonal-F oder Puregon) oder ein FSH/LH-Gemisch (Menogon) subcutan (unter die Haut) gespritzt. Je nach Stimulationsprotokoll werden noch verschiedene Medikamente werden zusätzlich benötigt, um einen vorzeitigen Eisprung zu vermeiden (Synarela Spray, Zoladex, Enantone, Dekapeptyl).
Wenn genügend Follikel (Eibläschen) herangewachsen sind, wird die sog. „Eisprungspritze“ (Brevactid, Pregnesin, Ovitrelle) verabreicht, um die Eizellreifungsphase abzuschliessen. Nun müssen die Eizellen gewonnen werden.
2. Eizellentnahme
Die vaginale Follikelpunktion unter Ultraschallkontrolle geschieht üblicherweise unter einer kurzen Narkose 32 bis 36 Stunden nach der HCG-Spritze.
Dabei wird eine Punktionsnadel in einer Führungshuelse auf dem Ultraschallkopf in die Scheide eingebracht. Der Eierstock liegt nur wenige Millimeter entfernt. Die Nadel wird nun durch die Scheidenwand direkt bis in die einzelnen Follikel eingestochen. Die Flüssigkeit wird abgesaugt und direkt an den Biologen übergeben, damit sofort festgestellt werden kann, ob eine Eizelle darin ist.
3. Befruchtung
Die Eizellen werden im Labor in Nährlösung gegeben und mit ca. 50.-100.00 gut beweglichen Spermien überschichtet. Die Schälchen werden dann über Nacht im Brutschrank „inkubiert“ ( kultiviert).
Nachdem 19-21 Stunden später festgestellt wurde, wie viele Eizellen das so genannte Vorkernstadium (PN Stadium-Pro Nucleus) erreicht haben, muß (zumindest in Deutschland) ausgewählt werden, welche PN-Stadien Zellen (max. 3) den Befruchtungsvorgang abschließen soll. Die Vorkerne enthalten jeweils die Chromosomen der Eizelle und der Samenzelle.
Am 2. oder 3. Tag nach Spermienzugabe, wenn sich ein oder mehrere Embryonen entwickelt haben, werden der oder die Embryonen in die Gebärmutterhöhle übertragen. Auch der Transfer am 5. Tag ist möglich und sinnvoll, wenn eine oder mehrere Blastozysten entstanden sind.
Weitere Information zum Blastozystentransfer
4. Embryotransfer
Am 2., 3. oder 5. Tag nach Spermienzugabe wird der Embryotransfer durchgeführt. Hierbei wird vollkommen schmerzfrei ein Katheter, ggf. unter Ultraschallkontrolle, in die Gebärmutterhöhle eingeschoben. Der oder die Embryonen wird bzw. werden dort vorsichtig deponiert.
Zur Vorbereitung dieser Übertragung kann die Frau Medikamente nehmen, die die Gebärmuttermuskulatur beruhigt. Über die folgenden 14 Tage sollten durch Zugabe von Progesteron (Gelbkörperhormon: Crinone-Gel, Utrogest) , optimale Schleimhautverhältnisse für die Implantation (Einnistung) des Embryos erreicht werden.
In der Zeit nach dem Embryotransfer sollte auf Aufregung und zu viel Aktivität verzichtet werden, ebenso auf Kreislaufbelastungen, z.B. durch Sport und starke Temperaturerhöhungen, z.B. Saunabesuche, heiße Wannenbäder. Ansonsten sind keine besonderen Empfehlungen zu geben. Auch Sex ist eher positiv wirksam.
12 bis 14 Tage nach der Befruchtung kann per Urin-Schwangerschaftstest oder per Blutuntersuchung festgestellt, ob die Frau schwanger ist.
Ein Vorteil dieser Methode ist, daß dabei meist „genügend“ (teil-) befruchtete Eizellen „übrig“ bleiben, welche dann in späteren „Kryo-Zyklen“ verwendet werden können.
Jedoch deuten neuere Untersuchungen daraufhin, dass der Anteil der „guten“ Eizellen prozentual höher zu liegen scheint, wenn weniger Eibläschen herangezüchtet werden. Das würde bedeuten, daß sich unter den (bei der konventionellen IVF gewonnenen) eingefrorenen Zellen weniger entwicklungsfähige Zellen befinden als erwartet und gehofft.
Nachfolgend die Risiken der IVF:
- OHSS
- Organverletzung
- Mehrlingsschwangerschaft
- Eileiterschwangerschaft
Bei NC-IVF und Mini-IVF kommt das OHSS nicht vor.
OHSS (Ovarielles-Hyper-Stimulations-Syndrom)
Überstimulation der Eierstöcke
Bei jeder hormonellen Stimulation der Eierstöcke, wie sie bei Vorbehandlung im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation und Intracytoplasmatischen Spermieninjektion unternommen wird, besteht die Gefahr einer Überstimulation der Eierstöcke. Je höher die Stimulationsdosis gewählt wurde, desto höher ist das Überstimulationsrisiko. Besonders hoch ist das Risiko bei Stimulation von Frauen mit PCO-Syndrom.
Bei der ovariellen Stimulation zur IVF soll erreicht werden, dass mehrere Eizellen heranreifen, um mit ausreichender Wahrscheinlichkeit genügend Embryonen für den Embryotransfer zu erhalten. Bei der üblicherweise gewählten Standarddosis von 150–225 I.E. FSH pro Tag wachsen die angestrebten 10–15 Follikel heran. Besonders aber beim ersten Stimulationszyklus ist aber noch nicht bekannt, wie genau die Frau auf die Hormongabe reagieren wird. Ist die Reaktion zu heftig kann ein OHSS die Folge sein. Beim OHSS wachsen oft 20-50 Follikel heran, welche allein schon durch ihre Größe entsprechende Druckbeschwerden verursachen. Man muß sich nur vorstellen, daß ein reifer Follikel einen Durchmesser von 2 cm hat. Ein zusätzliches Problem entsteht durch die Östrogenbildung der Follikel. Je höher der Blutspiegel ist, desto stärker verändern sich die Gefäßwände und es kommt zu teilweise extremen Flüssigkeitsverschiebungen (aus dem Blut- in den Bauchraum), wodurch die Druckbeschwerden weiter zunehmen. Diese Flüssigkeitsansammlung (Aszites) kann so heftig werden, daß ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl und, durch den relativen Wassermangel des Blutes, ein Thromboserisiko entsteht. Die Wasseransammlung kann, bei stärkerer Ausprägung, transvaginal (durch die Scheide wie bei der Follikelpunktion) oder percutan (durch die Haut) abgesaugt werden um eine schnelle Besserung der Symptomatik zu erreichen. Leider muß dies meistens mehrfach, an mehreren Tagen, durchgeführt werden, da die Durchlässigkeit der Gefäßwände weiter bestehen bleibt.
In extremen Fällen kann eine intensivmedizinische Betreuung erforderlich werden.
Follikelpunktion- Eizellentnahme
Die Follikelpunktion wird unter vaginalsonografischer Sicht ohne- oder mit Narkose durchgeführt. Auch die Anwendung von Lokalanaesthesie ist möglich, aber nicht ohne Aufwand.
Bei der Punktion wird durch eine, an der Schallsonde angebrachte, Führungsschiene, eine lange Nadel geleitet, unter Sichtkontrolle wird nun durch die Scheidenwand (2-3mm) direkt in den Follikel eingestochen, in dessen Flüssigkeit die Eizelle befindet. Liegt der Eierstock ungünstig oder gibt es andere technische Probleme, ist eine Verletzung des Darmes, von Blutgefäßen und der Blase denkbar.
Da durch die Scheide vorgegangen wird, besteht ein prinzipielles Infektionsrisiko, auch wenn man eine lokale Desinfektion durchführt.
Mehrlingsrisiko
Um in Deutschland Schwangerschaftsraten von 30–35% erreichen u können, müssen durchschnittlich mindestens 2 Embryonen transferiert werden. Die Mehrlingsrate liegt in Deutschland bei ca. 20-25%, das einer Drillingsschwangerschaft bei bis zu 4%. Das Problem besteht in der Erhöhung der Schwangerschaftskomplikationen, -Frügeburtlichkeit und der sich daraus ergebenden Probleme.
Seit Jahren wird die -nicht gewollte- Mehrlingsschwangerschaft als Fehler der Reproduktionsmedizin angesehen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten dieses Risiko zu senken, viele von denen sind jedoch in Deutschland verboten. In Ländern mit weit liberalerer Gesetzgebung werden vergleichbare Schwangerschaftsraten bereits nach Transfer von nur einem „Top Quality“ Embryo erreicht.
Ein SET (Single Embryo Transfer) stellt unter liberaler Gesetzgebung und entsprechendem fachlichen Können des IVF Labors, eine optimale Vermeidungsstragtegie für Mehrlingsschwangerschaften dar.
EU (Extrauteringravidität)
Eileiterschwangerschaft
Auch bei der IVF kann es zu Eileiterschwangerschaften kommen, da sich die Embryonen, noch einige Tage lang, in der Gebärmutterhöhle hin- und her bewegen (bedingt durch die Muskelkontraktionen). So kann es in bis zu 4% vorkommen, daß sie sich bis in den Eileiter bewegen und dort zur komplikationsbelasteten EU führen. Diese wird, je nach Zeitpunkt der Diagnose entweder medikamentös- oder operativ behandelt. Nur die frühzeitige Diagnose vermag vor lebensbedrohlichen Komplikationen zu schützen.
—
Schematische Darstellungen: © Professor Herrero, Barcelona